CreaSolv® Pilotanlage für Verpackungs- und Kfz-Verbundwerkstoffe – MultiCycle Projekt
Aufgrund technologischer und ökonomischer Limitierungen werden zurzeit weniger als 1/3 des anfallenden Kunststoff-Verpackungsabfalls recycelt. Kunststoff wird als Ware zum einmaligen Gebrauch. Der Abfall wird als (finanzielle) Belastung und nicht als „Ressource“ (Rohstoff) betrachtet. In der neuen “Plastikstrategie1)” der Europäischen Kommission wird eine Vision formuliert, die kosteneffektives Recycling, größere Recyclingkapazitäten und besser integrierte Kunststoff-Wertschöpfungsketten beinhaltet. Das MultiCycle2) Projekt hat zum Ziel, die Ressourcenverknappung, das Deponieren und das Verbrennen von Kunststoffabfällen aus dem Verpackungs- und Automobil-Bereich zu stoppen.
MultiCycle begann am 1. November 2018 und lief bis zum 30. April 2022. Es basiert auf dem CreaSolv® Prozess, der bis zum Pilotmaßstab entwickelt und zur industriellen Anwendungsreife digitalisiert wird. Reine Kunststoffe und Fasern werden ohne Eigenschaftsverluste aus vermischten Abfallströmen wiedergewonnen und die nachfolgende Verarbeitung und Verwendung des recycelten Materials in hochwertige Produkte wird optimiert. MultiCycle wird außerdem politische Empfehlungen zur Verbesserung des Abfallmanagements und der Ressourceneffizienz mit besonderem Fokus auf die untersuchten Verpackungs- und Automobil-Anwendungsbereiche erarbeiten:
- Mehrschichtige Verbundpackmittel, einschließlich Folien, die bisher nicht kostengünstig recycelt werden können und zirka 50% der Kunststoffverpackungen repräsentieren (~10 Million Tonnen pro Jahr in der EU).
- Faserverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe in der Automobilindustrie wo Kunststoffe zirka 16% des Altfahrzeuggewichts ausmachen (~1 Million Tonnen pro jahr in der EU).
Das € 9.7 Millionen MultiCycle Projekt wird mit € 7.7 Millionen EU Fördermittel unterstützt, vergeben im Rahmen des Programms “CE-SPIRE 10-2018 Effiziente Recycling Prozesse für Plastik enthaltende Materialien (IA)”. Das Projektkonsortium besteht aus 19 Partnern aus 10 europäischen Ländern einschließlich Fraunhofer IVV und LÖMI3).
September 2020 - Es wurden repräsentative Proben von Industrieschrott und Post-consumer Abfällen gesammelt. Kritische Prozessparameter für einen stabilen Anlagenbetrieb wurden im Labormaßstab und in Kleinserien-Pilotversuchen ermittelt. Kunststoffe und Verbundwerkstoffe wurden aus Abfällen zurückgewonnen, charakterisiert und wiederaufbereitet.
Oktober 2020 - Die vielseitige MultiCycle CreaSolv® Pilotanlage für Automobil- und Verpackungsabfälle (die nicht für das mechanische Recycling geignet sind) wird zur Rückgewinnung hochwertiger recycelter Polymere und polymerfreier Fasern (Glas und Carbon) zur Wiederverwendung in hochwertigen Anwendungen in Betrieb genommen. Sie hat eine Kapazität von 25 kg/Stunde, einen Technical Readiness Level TRL 7 und erfüllt die ATEX-Richtlinie 2014/34/EU.
Recyceltes PP, PE oder BioPE, PA6 und PET oder BioPET aus Industrie- und Verbraucher-Abfällen von flexiblen Verpackungen wurde für neue ein- und mehrschichtige Verpackungsfolien für verschiedene Beutelverpackungstypen wiederverwendet. PET wurde auch zu Textilfasern versponnen.
Recyceltes PP, PA6.6, PA12 und BioPA aus post-industriellem Automobilschrott oder aus Altfahrzeugteilen wurde für neue Verbundstoffe, Textilfasern und Verbundmaterialien wiederverwendet. Recycelte kurze und lange Glas- und Karbonfasern wurden für neue thermoplastische faserverstärkte Verbundwerkstoffe eingesetzt.
Zur Bewertung der Verarbeitbarkeit von recyceltem Polyamid-6 (rPA) aus Mehrschichtfolien wurde eine Mischung aus 30/70 rPA6 und reinem PA6 (Schmelzspinnqualität) auf einer mit einer Multifilamentdüse ausgestatteten Extrusionsanlage im Labormaßstab verarbeitet. Es wurde ein homogenes Fließverhalten ohne Schmelzbruch oder Filamentverschmelzung beobachtet, und die Multifilamente konnten problemlos auf die Aufwickel- und Verstreckungsgaletten im weiteren Verlauf des Prozesses gelegt werden.
Das 30/70 rPA6/reines PA6 Gemisch wurde anschließend auf einer Spinmaster Multifilament-Pilotextrusionsanlage verarbeitet. Die Ergebnisse der Zugversuche zeigen, dass im Vergleich zu den vPA6-Filamenten sprödere Filamente erhalten wurden, die Festigkeit war jedoch ähnlich wie bei neuen Fasern. Eine weitere Optimierung der Extrusionsparameter ist derzeit im Gange.4)
Auf einer Blasfolien-Pilotextrusionsanlage wurden mehrere Mischungen von thermoplastischen Compounds mit unterschiedlichen Anteilen von recyceltem Polyethylen (rPE) verarbeitet. Die Extrusion von Compounds mit einem Anteil von 40 bis 100 % rPE hat sich als machbar erwiesen, wobei ein reibungsloser Prozess mit ähnlichen Betriebsparametern wie für neues Rohmaterial erreicht wurde.
Folien, die rPE enthalten, weisen mechanische Eigenschaften auf, die denen von PE-Neuware entsprechen. Diese vielversprechenden Ergebnisse, die in der Pilotanlage erzielt wurden, werden zu einer weiteren Optimierung von rPE-Folien führen, die in Verpackungsanwendungen eingesetzt werden sollen.4)
MultiCycle - Ergebnisse
März 2022 - Auf dem MultiCycle Automotive Dissemination Event stellte TOFAS (Automobilhersteller - Türkei) die wichtigsten Forschungs- und Technologieentwicklungen vor, die die Rückgewinnung von hochwertigen PP-, PA6- und PA6.6- und PET-Rezyklaten aus anspruchsvollen post-industrial und post-consumer Abfallströmen aus Verbundwerkstoffen (z. B. glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffen) ermöglichen, sowie die sich abzeichnenden Ergebnisse, wie Rezyklate des CreaSolv® Prozesses bei der Substitution von Neuware in der Herstellung von funktionalen und ästhetischen Autoteilen abschneiden. Die vollständige Präsentation finden Sie hier -> YouTube Videoplaylist.
April 2022 - Auf dem MultiCycle Flexible Packaging Dissemination Event demonstrierte Amcor (führendes globales Verpackungsunternehmen) die Möglichkeiten des CreaSolv® Prozesses für post-industrielle (pi) und post-consumer (pc) flexible Verpackungsabfälle. Die Eigenschaften und die Verarbeitbarkeit der zurückgewonnenen Materialien wurden charakterisiert und mit neuen flexiblen Verpackungen für ausgewählte Körperpflegeprodukte verglichen. Darüber hinaus wurden kleine Serien von Prototypen flexibler Verpackungsformate hergestellt, die einen signifikanten Prozentsatz an pi/pc-Recyclingmaterialien enthalten, die den Anforderungen der Industrie entsprechen. Die vollständige Präsentation finden Sie hier -> Youtube Videoplaylist.
Fallstudien
1. PE – Maximierung des Einsatzes von r-PE in Flexiblen Verpackungen - Evaluierung von Polyethylen-Rezyklaten aus Post-Consumer-Abfällen (r-pc-PE) in häufig vorkommenden Verpackungsformaten für Haushalts- und Körperpflegeanwendungen, insbesondere „Flow Wraps“ für Feuchttücher. Zum ersten Mal wurde die Verwendung von Rezyklaten aus gemeinsam gemischten, bedruckten flexiblen Verpackungen aus Haushaltsabfällen ohne spezielle Vorsortierung nachgewiesen. Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Fallstudie zu öffnen.
2. PP – Kreislauf-Kunststoffe in Körperpflege Verpackungen - Bewertung von Polypropylen-Rezyklaten aus Post-Consumer-Abfällen (r-pc-PP) in Lotionstüten und Standbeuteln, beides kommerziell relevante Verpackungsformate für Haushalts- und Körperpflegeanwendungen. r-PP wurde zum 1. Mal in hohen Konzentrationen zur Herstellung von gegossenen und biaxial orientierten Folien verwendet. Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Fallstudie zu öffnen.
3. PA – Polyamid-Rezyklat aus postindustriellem Schrott in flexiblen Verpackungen - Polyamid aus gemischtem post-industriellem Verpackungsfolienschrott, r-pi-PA, wurde als Teil eines Demonstrationsdesigns für einen mit Flüssigkeit gefüllten Standbeutel, der typischerweise in Haushalts- und Körperpflegeanwendungen verwendet wird, bewertet. r-PA wurde zum ersten Mal erfolgreich zu einer Gießfolie extrudiert und mit einer Einschlussrate von 30 % biaxial orientiert. Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Fallstudie zu öffnen.
4. PP & PA - Werterhaltung von Polymeren in Automobilschrott - Verwendung von Kreislauf-Kunststoffen bei der Herstellung eines Autobatterieträgers (Tray) für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, einem funktionellen Teil, das im Motorraum des Fahrzeugs untergebracht ist und bei dem die Einhaltung von Maßtoleranzen und Stabilität von größter Bedeutung sind. Die Studie zeigte die einfache Substitution von Rezyklat-basierten Formulierungen in Folienlaminat- und Hybridverbund-Spritzgussverfahren ohne Einbußen bei der Verarbeitbarkeit oder den Eigenschaften. Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Fallstudie zu öffnen.
5. PET – Rezyklat-basierte Stapelfasern in einer ästhetischen Vliesstoffform - Eine Türverkleidungstasche ist ein Beispiel für ein ästhetisch wichtiges Teil im Fahrzeuginnenraum, bei dem thermoplastische Vliesstoffe eine Alternative zu Naturfasereinsätzen darstellen. In dieser Fallstudie wurden r-PET-Stapelfasern in nahezu normale Prozesse zur Herstellung von vorkonsolidierten Verbundvliesstoffen und zur Formgebung eingeführt. Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Fallstudie zu öffnen.
Ökobilanzen
April 2022 - Für die Erstellung der Ökobilenzen wurden von Fraunhofer UMSICHT 5 Abfallfraktionen untersucht:
- mittlerer PE Gehalt (60 Gew.-%) aus flexiblen Verpackungsabfall inkl. Multilayer
- hoher PE Gehalt (75 Gew.-%) aus flexiblen Verpackungsabfall inkl. Multilayer
- PET - Klebstoff (95 Gew.-%) aus Resten der PE Extraktion aus PE/PET Multilayer Verpackungsabfall
- PP aus Glasfaserverstärkten PP-Abfällen (55 Gew.-% PP) aus Altfahrzeugen
- PA aus Glasfaserverstärkten PA-Abfällen (50 Gew.-% PA) aus Altfahrzeugen
Betrachtet wurde das Sammeln und Sortieren (basierend auf den Daten der MEILO-Sortieranlage) und das Recyceln durch „Selektives Auflösen“ (basierend auf den Daten der CreaSolv®-Anlage).
Die recycelten Polymere und Fasern wurden in der Herstellung von folgenden Produkten untersucht:
- Schlauchbeutel (Verpackung) auf der Grundlage von Daten von AMCOR
- Autotürverkleidungen, basierend auf Daten von SILON, Gen2Carbon, Bond Laminates (LANXESS Group) und Farplas
- PP- und PA-basierte Batterieträger (Automobil) auf der Grundlage von Daten von SILON, Bond Laminates (LANXESS Group) und Farplas
Die Ergebnisse für alle 5 Ökobilanzen wurden von Fraunhofer UMSICHT noch nicht veröffentlicht. Die Ökobilanz-Diagramme für PE(75%) und PET wurden vom Fraunhofer IVV beim MultiCycle Flexible Packaging Dissemination Event präsentiert.
Beim lösungsmittelbasierten Recycling von 1 Tonne Kunststoffabfall mit dem CreaSolv®-Prozess (siehe Beispiel der 75 %-igen PE-Fraktion) werden nur 1/3 der CO2-Emissionen im Vergleich zur Verbrennung freigesetzt. Die Verbrennung des Nicht-PE-Anteils setzt dabei viel mehr CO2 frei als jeder andere einzelne Aufarbeitungsschritt!
MultiCycle Video
MultiCycle "Process Description" Video - 8 April 2022 - Link
Mehrzweck CreaSolv® Pilot Anlage
Ab Mai 2022 - nach Abschluß des Multicycle Projektes, steht die Mehrzweck CreaSolv® Pilot Anlage für Versuche mit Forschungs- und Industriepartnern zur Verfügung, um kommerzielle Anlagen und Prozessschritte vorzubereiten.
Bei Interesse folgen Sie bitte diesem Link.
MultyCycle Homepage - eingestellt in 2023
- MultiCycle "Flyer" - May 2019 - Link
- MultiCycle "Progress Update" Poster 1 - January 2020 - Link
- MultiCycle "Progress Update" Poster 2 - September 2020 - Link
- MultiCycle "Midterm Activities Update" Brochure - September 2020 - Link
- MultiCycle Video - 4 December 2020 - Link
- MultiCycle "Automotive Dissemination Event Highlights" (6 presentations) - 28 March 2022 - YouTube Videoplaylist
- MultiCycle "Flexible Packaging Dissemination Event Highlights“ (9 presentations) – Thursday 7 April 2022 – YouTube Videoplaylist
- MultiCycle "Case Studies" - 27 April 2022 - Link
Literatur
- European Strategy for Plastics – Link
- MultiCycle project ID 820695 - Horizon 2020 “Advanced and sustainable recycling processes and value chains for plastic-based multi-materials” - Link
- MultiCycle project - New project to pilot selective recovery of pure plastics from multi-materials waste. Kick-off Meeting on 28 November 2018 – Link
- MultiCycle Homepage "Downstream Processing, Characterization and Evaluation of Recyclates" published 7 October 2021 - nicht mehr verfügbar